Flying over the Alps in a single engine
Endlich sagten die Wetterfrösche für Pfingsten fliegbares Wetter voraus, denn die letzten 4 Wochen mussten wir immer wieder unsere Pläne kurzfristig ändern. Da das Hochdruckgebiet jedoch ein paar Stunden später kam als vorhergesagt, ging die Reise dann doch erst am Samstagmorgen los. Zunächst machten wir uns aber noch Sorgen bzgl.. der X-Ray Vorhersage von GAFOR, doch ein Blick auf die Webcam unsere Zielplatzes Kempten-Durach sowie ein kurzer Anruf dort zerstreute unsere bedenken.
Um 9:00 sind mein Fliegerkolleg Reinhardt Sommerer und ich nach Hof gefahren, da unsere DR-400 dort noch nach ihrer 100h-Kontrolle stand. Nun noch schnell vollgetankt und um 8:31 UTC ging es dann von Piste 27 über den Meldepunkt Sierra auf dem Radial 21 Richtung VOR Bayreuth. Reinhardt steuerte unsere „Remo“ dann Kurs 214 an der CTR Nürnberg vorbei „direct to“ Kempten VOR. Von dort aus war es dann nur noch ein Katzensprung bis in die Platzrunde von Kempten, wo wir bei strahlendem Sonnenschein um 09:57 auf der gepflegten Graspiste landeten.
Hier trafen wir dann Michael Bergmann, den Inhaber der ortsansässigen Flugschule, bei dem wir sowohl Fluglehrer, wie auch Flugzeug für heute gechartert hatten. Solange man „on top“ über die Berge gehen kann, ist ein Flug im Hochgebirge auch für unerfahrene „Flachlandtiroler“ kein Problem. Ist ein Flug über den Gipfeln aufgrund entsprechender Bewölkung jedoch nicht mehr möglich, bleibt nur noch der Weg „unten durch“. Vergesst nun VOR , ADF oder GPS, durch Abschattung gibt es nur noch ein 100 % zuverlässiges Navigationsverfahren: der Finger auf der Karte.
Deshalb wird bei der Alpeneinweisung intensiv Talnavigation mit allen möglichen Gefahren geübt. Zusammen mit unserem Fluglehrer Rudolf Basmann begannen wir daher mit der ausführlicher Flugvorbereitung, wobei vor allen Dingen die Steuerkurse für die von uns geplanten Gebirgstäler auf der Karte eingezeichnet wurden. Dann beschafften wir uns neben dem aktuellen Streckenwetter noch alle erforderlichen Informationen über die täglich wechselnd aktiven Sperrgebiete der Schweiz aus dem Internet und gingen abschließend auf den Tower, um unsere Flugpläne für die Schweiz aufzugeben.
Um 12:48 setze ich die erste Klappenstufe, schob den Gashebel voll rein und wir hoben mit der D-EWAM (ebenfalls eine DR400) Richtung Oberstdorf ab und waren schon wenige Minuten später von den Hängen des Illertales umgeben. Hier wurden dann die ersten Übungen gemacht. Die ersten Umkehrkurven und Achten (Klappen 10°, 70KT, 30°banking) waren optisch sehr eindrucksvoll. Ist schon gewöhnungsbedürftig statt Horizont nur eine Felswand vor der Frontscheibe zu haben.
Kurz darauf durfte ich dieses neu erworbene Wissen auch schon direkt anwenden: Trotz der ausführlichen Flugplanung hatte ich mich über Oberstdorf für das falsche Tal entschieden. Statt Richtung Schrotenpass, war ich in ein einladendes, aber nach hinten stark ansteigendes und enges Tal eingeflogen und nun galt es, da wieder raus zukommen.
Nachdem das erledigt war, ging es dann über den Schrotenpass, Warth und Lech nach St. Anton. Auf dem Weg dorthin zeigte mir Rudi noch eine weitere Gefahr der Berge: Seilbahnen, die sich nicht an den Hängen entlang schlängeln, sondern quer durch ein Tal verlaufen. Wenn man da nicht aufpasst, kann ein Flug durch die Täler schnell in der Katastrophe enden.
Der Flug führte uns nun über den Arlberg zur Silvretta, von dort über den Flüelapaß, Davos und den Albulapaß nach Samedan. Teilweise stiegen wir auf 12.000ft doch irgendwann war dann Schluß mit dem Steigen, wenn unsere Remo an ihre Leistungsgrenzen stieß.
Geflogen wurde „im Relief“! D.h. immer nahe an der Hangseite, die besser trägt. Durch die reichlich vorhandenen und recht heftigen Auf- und Abwinde kam zeitweise echtes Achterbahnfeeling auf. Das beeindruckendste war aber die Bergwelt mit ihren unvergesslichen Panoramen. Die Fotos, welche Reinhardt von der Rückbank schoß, können nur einen Teil der Eindrücke vermitteln, welche man auf einem solchen Flug sammeln kann.
Die Landung in Samedan / St. Moritz auf 5600ft Höhe um 14:18 und auch der Start (15:14) nach einer kleinen Kaffeepause waren beeindruckend und ich war zum wiederholten mal froh einen Fluglehrer neben mir sitzen zu haben.
Nun ging es durch das Engadin über den Ofenpass nach Italien und weiter, quer über die Ötztaler Alpen bis zum Brenner. Dort nahm ich Kontakt mit Innsbruck Tower auf und beantragte den Durchflug durch die Kontrollzone Innsbruck vom Pflichtmeldepunkt Sierra (Europabrücke) direkt zur Zugspitze, was mir für eine Flughöhe von 9000ft genehmigt wurde.
Leider war das Schneefernerhaus in den Wolken, aber eine Umrundung der Zugspitze war trotzdem möglich.
Danach ging es dann durch die langsam kleiner werdenden Berge zurück nach Kempten, wo wir um 16:40 wieder wohlbehalten eintrafen. Nach diesem ansengenden Tag genehmigten Reinhardt und ich uns erst mal ein schönes Radler im „Hotel zum Schwanen“ wo wir auch für die Nacht unsere Zimmer gebucht hatten.
Am Sonntagmorgen sind wir dann wieder zum Flugplatz, haben unsere D-EZEL aufgetankt und hoben um 9:50 wieder Richtung Norden ab. Am Sonntagmittag waren wir dann, um ein paar Flugstunden und viele Erfahrungen reicher, wieder daheim in Zell-Haidberg.
Geblieben sind uns unvergessliche Eindrücke über ein nicht alltägliches Flugerlebnis, vor allem aber neu gewonnene Erfahrungen, welche unser fliegerisches Repertoire bereichern.